Funde im Internet:
Muss es immer reiten sein?
Häufig rufen mich Eltern an und erzählen von ihren Kindern, die reiten lernen möchten. Ich lasse sie erzählen von dem großen Wunsch ihrer Kids endlich auf dem Rücken der Pferde ihr Glück zu finden. Wir vereinbaren einen Schnupper-termin, das Kind wird zum „Reit“Unterricht angemeldet. Und schon beim ersten kennenlernen wird klar: nicht das Kind möchte reiten lernen, sondern die Eltern möchten, das ihr Kind reiten lernt.
Und was möchten die Kinder? Dem Pony durch die Mähne kraulen, ihre Arme um den Ponyhals legen und einmal tief einen Zug frischer Ponyluft einatmen. Stundenlang das flauschige Fell bürsten, immer wieder inne halten. Dem Pony in die Augen schauen, eine Strähne Schopf zur Seite streichen und ihrem Ponyfreund zuflüstern, wie süß er doch sei.
Oft stehen Mama, Papa, oder Oma erwartungsvoll und voller Eifer daneben und wollen die Kids motivieren schneller zu putzen, endlich zu satteln, schnell zum Reiten zu kommen. Und fragen ich die Kids dann, was sie wollen, ist reiten eine eher seltene Antwort.
Wir haben das Ritual, bevor wir auf die Ponys klettern, alles was wir heute mit den Ponys machen wollen erst einmal am Boden gemeinsam zu erleben. Um herauszufinden wie es uns geht, denn wir sind ja Partner, und in einer Partnerschaft geht es um die Bedürfnisse beider. Und, wie soll es anders sein fühlen die Kids genau das, wenn wir sie nur lassen. Immer wieder erkläre ich dies den Begleitern. Damit nicht immer die erste Frage ist: Und, bist du geritten?
Denn, wenn wir unseren eigenen und den gesellschaftlich anerzogenen
Ehrgeiz beiseite schieben und einfach mal fühlen, dann merken wir, was die Kinder brauchen, was sie wollen und was ihnen hilft.
Es ist eben viel mehr als reiten. Es ist das Eins sein mit dem Pony, es sind die Kompromisse die wir eingehen, das gemeinsame Lösen von Aufgaben mit unserem Ponyfreund, das in die Augen der Ponys schauen und bedingungslos ehrliche Antworten bekommen. Kinder und Ponys verbindet so viel mehr als das Reiten.....
Die Geschichte von Mutter Elke, Sohn Luca und dem Fuchs Elvis!
Elke ist so stolz, ihr Herz hüpft vor Freude wenn sie ihren Sohn reiten sieht. Elke hat als Kind nämlich immer davon geträumt zu Reiten und ein eigenes Pony zu haben. Leider hatten ihre Eltern nicht die Möglichkeit ihr diesen Traum zu erfüllen. Deswegen freut es die stolze Mama umso mehr, ihren Sohn auf der gepflegten Anlage von Familie Mustermann reiten zu sehen. In einer großen, hellen Reithalle von 20 x 60 Metern, reitet der kleine Luca, Runde um Runde auf „seinem“ großen Fuchs Elvis. Luca und Elvis teilen sich die Halle mit 5 weiteren Reiterpaaren und dem Reitlehrer. Der große Wallach stand schon fertig geputzt und gesattelt in der Reitbahn, Luca musste ihn also dieses Mal nicht aus seiner schönen Edelstahl Pferdebox holen, das hat Luca sich dann schonmal gespart. Alles läuft also wie am Schnürchen. Dass Luca auf dem 1,70 Meter großen Fuchs, mit seinen 5 Jahren, etwas hilflos wirkt, fällt kaum auf, schließlich läuft Elvis Runde und Runde brav in der Abteilung mit den anderen Pferden mit. Auch dass Luca‘s Beine nicht mal über das Sattelblatt reichen, spielt keine große Rolle, dafür hat er ja schließlich eine Gerte bekommen, die mit 1,20 Meter sogar noch 10 cm länger ist als er selbst.
„Pitsch, Pitsch, Pitsch,..... Pitsch, ....Pitsch, da wo größere Kinder mit ihren Schenkeln treiben würden, nutzt Luca eben einfach die Gerte, kein Problem, zum Glück ist Elvis das ja „gewöhnt“.
Mama Elke ist super stolz auf ihren kleinen Luca, wie toll er das doch macht. Er sitzt fest im Sattel, die Steigbügel runtschen ihm zwar immer wieder Richtung Ferse, aber zum Glück hat Luca schon große Füße, mit dicken Schuhen, so dass der Steigbügel nicht über den Fuß rutschten kann. Die Zügel fest in den Händen, drehen Luca und Elvis ihre Runden.
Jetzt steht Trab auf dem Programm: „Abteilung im Arbeitstempo marsch“, Reitlehrer Mustermann hat seine Truppe immer im Blick. Auch Elvis trabt brav an, nachdem ihn Luca nochmal ordentlich mit der Gerte angetrieben und motiviert hat. Luca ist der Jüngste in der Runde, Herr Mustermann hatte ja eigentlich Bedenken, ob Abteilungsreiten jetzt schon das Richtige für Luca ist? Aber Luca‘s Mutter Elke konnte den Reitlehrer Herr Mustermann trotzdem schnell überzeugen.
„In meinem Stall gibt es aber leider keine Ponys, nur Pferde ab 155 cm“ hatte Reitlehrer Mustermann nochmals zu Bedenken gegeben.
„Das ist überhaupt kein Problem, Luca kommt mit einem großen Pferd schon zurecht“, hatte Elke auf die Äußerung des Reitlehrers geantwortet.
Und wenn Elke sieht wie Luca auf dem großen Fuchs trabt, zerspringt ihr vor Freude und Stolz fast das Herz und sie weiß, dass diese Reitschule genau die Richtige ist. Gut, dass mit dem Aussitzen kann Luca jetzt zwar noch nicht ganz so gut, denn er hüpft im Sattel wie ein Flummi. Das Leichttraben klappt aber umso besser, denn Elvis ist groß und er hat so viel Schwung, dass er den Fünfjährigen bei jedem Schritt etwas in die Luft schubst und Luca dann dank der Schwerkraft wieder mit einem kräftigen „Plums“ im Sattel landet.
Durch den großen Schwung fliegen, zusammen mit Luca, auch seine Hände und Arme immer wieder 10-15 cm mit in die Luft, natürlich hält Luca die Zügel immer fest in der Hand, seine Fäuste sind geschlossen, so wie er es gelernt hat.
Elvis kann dem regelmäßigen, ruckartigen Zug auf seinem Gebiss nicht ausweichen, sein Kopf ist mit einem Hilfszügel in Form gebracht, dadurch hat er nur schwer die Möglichkeit sich Luca‘s Einwirkungen zu entziehen. Herr Mustermann bestätigt Mutter Elke aber, dass der Hilfszügel sowohl Luca als auch Elvis beim Reiten hilft. Der Wallach hat mittlerweile eine andere Möglichkeit gefunden um dem Zug am Gebiss wenigstens ein kleines bisschen entgegen zu wirken. Elvis streckt nämlich seine Zunge übers Gebiss und lässt sie aus dem Maul hängen. Als der kleine Luca, Herr Mustermann fragt, warum Elvis die Zunge raus streckt, antwortete der ihm: „weil der das schon immer macht, das ist normal“.
Luca darf auch schon galoppieren, trotz der langen Gerte möchte Elvis aber nicht angaloppieren. Vielleicht liegt es an der fehlenden Galopphilfe, denn Luca denkt noch, nach richtig schnellem Trab kommt dann der Galopp und was genau eigentlich eine Galopphilfe ist, weiß Luca mit fünf Jahren noch nicht. Möglicherweise fehlt dem Fuchs auch der Schenkel von Luca, der sich hinter dem starren Sattelblatt versteckt. Eigentlich versteht Elvis nämlich genau dass er angaloppieren soll, wenn die richtige Galopphilfe vom Reiter gegeben wird. Aber auch für dieses Problem hat Herr Mustermann eine Lösung. Er nimmt sich eine lange Peitsche und treibt Elvis damit an. Jetzt hat auch der große Fuchs verstanden, dass er galoppieren soll. Flotter als geplant, geht es dann durch die erste Kurve und Luca verliert fast das Gleichgewicht. Herr Mustermann hält kurz die Luft an und nimmt sofort die Peitsche runter, so dass Elvis durchpariert und Luca sich wieder richtig in den Sattel ziehen kann. Für die 2. Galopprunde nimmt Herr Mustermann den großen Wallach vorsichtshalber an die Longe. Mit der im Gebiss verschallten Longe klappt es dann doch etwas besser!
Wieder mal ist eine tolle Reitstunde zu Ende gegangen, finden Elke und Luca. Mama Elke ist sehr glücklich und bucht gleich die nächste Stunde „Reitunterricht“ für ihren 5 jährigen Sohn. Und Luca berichtet seiner Mutter voller Begeisterung wie toll er doch schon galoppieren kann.
Hätten Luca’s Großeltern, ihrer Tochter Elke vielleicht damals das Reiten ermöglicht, dann würde Elke womöglich die Reitstunden ihres 5 jährigen Sohnes mit anderen Augen sehen.
Elke wäre es sicher wichtig, dass Luca nicht nur Reiten lernt, sondern auch wie man mit einem Pony oder Pferd umgeht. Wie man es putzt und zum Reiten vorbereitet, wie man ein Pony führt, die Hufe auskratzt und wie man seinen vierbeinigen Freund richtig versorgt. Elke hätte sich daran erinnert wie unheimlich ihr die großen Pferde damals doch waren und sie hätte für Luca eine Reitschule gesucht, die auch Ponys im Unterricht einsetzen. Eine Reitschule wo die Größe von Pony und Kind einfach gut zusammen passen.
Sie hätte sich erinnert wie toll es war ohne Sattel direkt auf dem Pferderücken zu reiten, wie gut man dadurch die eigenen Bewegungen und die des Pferdes „hautnah“ spüren konnte. Ihr wäre wieder eingefallen, wie lange sie reiten lernen musste um Zügel in die Hand zu bekommen. Ihr Reitlehrer hatte immer gesagt: „dafür brauchst du erst einmal ruhige Hände und einen ausbalancierten Sitz“. Mama Elke würde dann wissen, dass es nicht „normal“ ist, dass ein Pferd die Zunge über dass Gebiss legt und man ein Pferd dauerhaft mit einer Gerte antreiben muss. Ihr wäre es aufgefallen, dass das Gebiss von Elvis an der Longe nicht mehr korrekt im Maul liegt und seitlich durch die Mundwinkel gezogen wird. Auch dass der Hilfszügel viel zu kurz verschallt war, wäre ihr ins Auge gesprungen.
Elke hätte sich auch bei Herr Mustermann erkundigt wann und wie lange Elvis und die restlichen Schulpferde auf die Weide kommen! Den Muskelkater und die Rückenschmerzen von Luca am nächsten Tag, hätte sie als Überforderung erkannt. Ihr wäre sicher auch schnell aufgefallen dass eigentlich nicht ihr Sohn Luca das Pferd „reitet“, sondern Elvis nur, wie er es gelernt hat, „brav hinter seinem Vordermann her läuft“, Runde um Runde, Stunde für Stunde, Tag für Tag.....